Kegeln wie in Großmutters Zeiten

Das Wetter ist beizeiten schwer zu durchschauen, da sind wir uns wohl alle einig. Klimatologen sind zwar löblicherweise darum bemüht, präzise Vorhersagen zu treffen, es handelt sich jedoch zumeist um grobe Schätzungen. Wer die Waghalsigkeit  besitzt, bei der Planung seines Wochenendprogramms auf den Wetterbericht zu vertrauen, dem sei an dieser Stelle geraten, eine wasserdichte Plane für seine Grillparty zu besorgen. All jenen, die sich gerne auf der sicheren Seite befinden, empfehlen wir einen Besuch auf der ältesten Kegelbahn Wiens im Gasthaus „Zur Stadt Krems“.

Vom Apfel zum Kegel

Das Grundstück, auf dem sich das Lokal heute befindet, diente zuvor als Ackerfläche und wurde landwirtschaftlich genutzt. 1785 wurde dann das heutige Gebäude in der Zieglergasse Nummer 37 errichtet. Wo mittlerweile die Kegel fallen, fielen zuvor die Äpfel. Die ehemaligen Besitzer  waren wohlgemerkt keineswegs Obstbauern, sie besaßen allerdings so manchen Gaul. Und da das Wetter eben auch damals schon ziemlich launisch sein konnte, wusste selbst das kultivierte Hauspferd das Dach der eigens angelegten Stallungen zu schätzen. Diese wurden allerdings im Jahr 1926 von Johann und Maria Endl, den neuen Eigentümern, abgerissen und durch die Kegelbahn ersetzt. Es ist gut möglich, dass es bereits zuvor derartige Einrichtungen in Wien gab. Die Bahn im Wirtshaus „Zur Stadt Krems“ ist mit stolzen neunzig Jahren allerdings die älteste unter ihnen, die sich noch reger Verwendung erfreut.

Punktetafel Kegelbahn

Kegelvereine im Siebten

Hinter dickem Plexiglas wird an der Wand des Kegelraums ein vergilbtes Poster zur Schau gestellt. Die Scheibe sei wichtig, es gäbe zu viele neugierige Hände, meint die Wirtin. Auf dem alten Papier wurden Kegelrunden vergangener Zeiten verschriftlicht. Jeder Verein hat seine eigene Spalte.  So duellierten sich unter anderem Clubs wie die „Bandagisten“, die „Elektrorunde“, die „Friedlichen“ oder die „Neubauer Gastwirte“. Es wurde einmal pro Woche zu festgelegten Zeiten gekegelt. Die Einträge reichen bis ins Jahr 1947 zurück, damals wurde allerdings noch auf Lehmboden gespielt und die Kegel mussten von sogenannten Kegelsetzern per Hand wieder aufgestellt werden. Beim Personal handelte es sich hauptsächlich um Studenten, Pensionisten und Schüler, die sich ein paar Schilling dazuverdienen wollten. Mittlerweile ist der Boden der Bahn asphaltiert und der Aufrichtprozess erfolgt elektronisch. Offizielle Turniere können hier jedoch nicht ausgetragen werden, der  Spielbereich ist zu kurz, die Kegelbahn hätte sonst nicht in den Raum gepasst. Der Hobbysportler vermag diesen kleinen Mangel ohne Maßband allerdings höchstwahrscheinlich nicht auszumachen.

Eine nostalgische Runde gefällig?


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Wer nun selbst Lust bekommen hat, zu kegeln wie in Großmutters Zeiten, dem sei empfohlen, sich vorab anzumelden. Die Bahn ist heiß begehrt, es empfiehlt sich mindestens zwei Wochen im Vorhinein eine Reservierung abzugeben.  Das Vergnügen kostet zwölf Euro pro Stunde. Dabei ist es allerdings egal, wie viele Runden gespielt werden und von wie vielen verschiedenen Personen die Kugeln ins Rollen gebracht werden. Und weil es sich hier nicht um die nächstbeste Großraum Bowlinghalle handelt, können Sie, welch Freude, sogar Ihre eigenen Schuhe tragen.  Auch um Ihr  leibliches Wohl müssen Sie sich hier nicht sorgen. Das Wirtshaus „Zur Stadt Krems“ tischt traditionelle österreichische Küche auf und überzeugt durch originale Wiener Gastlichkeit.

Fazit: Die älteste Kegelbahn Wiens ist auf jeden Fall sehenswert. Vor allem bei Donner, Blitz und Regenschauer bietet sich ein Besuch in der Zieglergasse Nummer 37 an. Möglicherweise gelingt es Ihnen ja, die Punktezahl der „Elektrorunde“ oder der „Friedlichen“ nachträglich zu übertreffen. Ganz fair wäre das selbstverständlich nicht, denn was zählt schon ein Sieg ohne möglicher Revanche?

Fotos: Daniel Klingler

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